Montag, 2. Februar 2009

Zu Hause.

Vor etwa 2-3 Stunden bin ich wohlbehalten via Wien aus Moskau in Zürich angekommen. Abgesehen von nicht ganz günstigen 9kg Übergepäck klappte alles erstaunlich reibungslos und ich konnte nach zwei problemlosen Flügen endlich wieder meine Familie und ein paar meiner Freunde sehen. Irgendwie scheint aber alles ziemlich seltsam, wenn man nach einer doch ziemlich langen Zeit im Ausland in seine alte Heimat zurückkehrt. Bin gerade etwas verwirrt. Später gibts alles im Detail. Jetzt freue ich mich gerade das Wiedersehen mit meiner Gitarre und auf mein Bett.

Sonntag, 25. Januar 2009

Flughafen.

Ich weiss nicht, ob ich in Moskau noch gross Lust und Zeit haben werde, im Internet herumzuschwirren, darum schon jetzt:

Ich komme am Sonntag, 1. Februar um 20:40 mit dem Austrian Airlines Flug aus Wien in Zuerich-Kloten an. Ich wuerde mich freuen, nach dem Ausstieg aus dem Flugzeug einige altbekannten Gesichter am Flughafen begruessen zu koennen.

Bis bald!

Пока, Улан-Удэ!

Es ist soweit. Der Koffer ist fast fertig gepackt, die meisten Bekannten und Freunde schon verabschiedet worden und die letzten Vorbereitungen fuer 3,5 Tage Leben im Zug fast abgeschlossen. Die Wehmut, welche meine Abreisevorbereitungen begleitet, ist groesser als erwartet. Beim heutigen letzten Spaziergang durch "meine" Stadt konnte ich mir nur schwer vorstellen, dass diese fuer mich schon gewohnte Umgebung ploetzlich wieder unfassbar weit entfernt liegen wird. Der Umfang all dessen, was ich hier gelernt, erfahren und erlebt habe, wird mir wohl erst nach meiner Heimkehr ganz bewusst werden. Von purer Euphorie bis hin zu apathischer Traurigkeit waren alle Gefuehlsregungen aufgetreten, wobei die positiven Erfahrungen jedoch weitaus ueberwiegen. Ich habe nicht nur Russisch sprechen gelernt, das haette ich auch zu Hause an der Migros-Klubschule machen koennen, sondern durch das Erleben des Alltages in einer fremden Kultur auch extrem viel fuers Leben gelernt.

Morgen am fruehen Nachmittag steige ich in den Zug Ulan-Ude - Moskau. Danach gibts noch 2 Tage Touristensightseeing in Moskau und dann bin ich am Abend des 1. Februars schlussendlich wieder an dem Ort, wo vor 4 Monaten alles begonnen hatte. Zu Beginn wird wohl vieles altbekannte mir seltsam und ungewohnt erscheinen - von diesem kleinen Kulturschock nach der Rueckkehr hoert man oft - aber ich werde mich wohl schnell wieder an mein altes Leben gewoehnen. Trotzdem werde ich diese Zeit hier niemals vergessen und auch fuer mein weiteres Leben aus diesem Erfahrungsschatz schoepfen.

ADIEU ULAN-UDE! ADIEU SIBIRIEN!

Samstag, 24. Januar 2009

2 Mal schlafen...

... dann setze ich mich in den Zug in Richtung Grosstadtmonster Moskau. Alles ist organisiert. Ich habe schlussendlich doch noch ein gutes Zugticket erwischt, mein Ausreisevisum abgeholt und bereits damit begonnen, mich von meinen Weggefaehrten der vergangenen 4 Monate zu verabschieden. Dabei kommt auch irgendwie sowas wie Wehmut auf. Ich reise nicht einfach aus einem Gebiet ab, wo ich mich 1-2 Wochen als Tourist ausgetobt habe. Waehrend 4 Monaten habe ich hier ein Leben gefuehrt, welches nicht im Zeichen des exzessiven Fremdenverkehrs stand. Ich habe hier nicht nur gelebt, sondern mich hier eingelebt. Diese mittlerweile zur Gewohneit gewordene Umgebung ploetzlich zu verlassen, loest in mir nun auch seltsame Gefuehle aus. Ich freue mich riesig auf alles, was mich bald in der Schweiz erwarten wird, anderseits ist es jedoch doch irgendwie schade, dass ich morgen den allerletzten Tag im sibirischen Frost verbringen werde. Vieles und viele sind mir hier doch ans Herz gewachsen. Es sind vor allem kleine, an sich unbedeutende Momente des Alltages, welchen ich hier fuer mich so oft doch ganz nicht-alltaeglich erleben durfte. Diese Momente bleiben wohl fuer immer in meiner Erinnerung. Und das ist auch gut so. Die wichtigsten Erinnerungen befinden sich wohl nicht auf der Speicherkarte meiner Kamera - es gibt zwar zweifelsfrei fantastische Fotos darauf - sondern in meinem Kopf und meinem Herz.

Mittwoch, 21. Januar 2009

Livio gibts jetzt auch am Kiosk. Sogar in Farbe.

Vor etwa einem Monat habe ich einer Schuelerin ein Interview fuer irgendein Heftchen gegeben. So ueber Familie und so. Aber eigentlich hatte ich keine grossen Hoffnungen, dass das dann tatsaechlich auch abgedruckt wird. Heute wurde mir mittgeteilt, dass man das nun am Kiosk kaufen koenne - irgendsoein burjatisches Frauenheftchen. Und tatsaechlich. Beim Oeffnen nach dem Kauf des besagten Heftchens - ich bevorzuge sonst irgendwie doch andere Lektuere - blickte mir dann tatsaechlich meine Gesicht von einem Foto entgegen, worunter mein damals gegebenes Interview fast eine ganze Seite fuellt. Irgendwie wurden zwar meine Antworten manchmal ein bisschen verdreht, aber im grossen und ganzen stimmt's schon. Jedenfalls ein superamuesantes Souvenir! Vielleicht mache ich noch ein Foto davon oder so.

Dienstag, 20. Januar 2009

Koenig Baikal und Irkutsk.



























Noch 5 Tage.

Meine Abfahrt in Richtung Moskau und von dort aus endgueltig heimwaerts rueckt immer naeher. Heute morgen wurde mir das richtig bewusst. Nach einem allzu struben Traum mit Menschen, die mich irgendwie mich Pistolen abknallten, deren Kugeln mir aber irgendwie garnichts anhaben konnten ausser kleinen blauen Flecken, war ich froh, endlich aufgewacht zu sein. Normalerweise folgte in den vergangenen Tagen nach dem Aufwachen meist das eher ernuechternde Bewusstsein, dass ich eigentlich scho jetzt gerne zu Hause waere und nicht in dieser russischen Parterrewohnung, da sich meine angestaute Sehnsucht nach Familie, Freunden und einem schweizerdeutsch sprechenden Umfeld schon ziemlich stark bemerkbar machte. Heute war das Erwachen aber ganz anders. Ich fragte mich ploetzlich, wie es denn sein werde, wenn ploetzlich all das, was mein hiesiges Leben ausmachte, nicht mehr da waere. Klar fuehle ich mich da nicht extrem zu Hause und wenn ich von meiner Heimat rede, meine ich natuerlich die Schweiz. Aber ich habe mich eben doch ziemlich gut hier eingelebt, mich an die veraenderten Lebensumstaende gewoehnt, viele neue Menschen kennengelernt und erachte die hiesige Umwelt meist sogar als voellig normal fuer mich. Irgendwie wird das mir dann wohl doch auch ein wenig fehlen, auch wenn es hier nicht immer supereinfach war. Jetzt geniesse ich einfach die letzten Tage hier, verschenke noch moeglichst viele der gestern von Mama per Post erhaltenen Geschenkchen aus der Schweiz und verabschiede mich noch von moeglichst vielen Leuten, die meinen Weg hier begleitet haben. Trotzdem irgendwie ein seltsames Gefuehl gerade, eine Mischung aus Wehmut, eine nun vertraute Gegend zu verlassen und einer sich seit Wochen aufbauenden riesigen Freude auf die baldige Heimkehr.

Wenigstens ist jetzt endlich fast alles organisiert, was meine Heimfahrt und den kurzen Aufenthalt in Moskau betrifft. Ich habe zwei Adressen von jungen Studentinnen, bei denen ich fuer 2-3 Naechte uebernachten kann, mit meinem Ausreisevisum ist alles in Ordung und mein Flug ab Moskau ist schon lange gebucht. Nur beim Zugticket nach Moskau gibt es noch ein kleines Fragezeichen. Im Moment gibts nur noch schlechte Plaetze am gewuenschten Datum, aber 3 Tage vor der Abfahrt kommen wiederum neue Tickets in den Verkauf. Ich kann also erst am Donnerstag endgueltig ein Ticket kaufen. Wird hoffentlich schon alles klappen, zu Fuss ist der Weg nach Moskau ziemlich weit.

Sonntag, 18. Januar 2009

Zwei Lenas und baggernde Chinesen.

Ich bin nun schon wieder zurueck in Ulan-Ude. Auch die wiederum etwa 8 Stunden beanspruchende Rueckfahrt im Zug hatte durchaus ihren Reiz. Diesmal hatte ich das Vergnuegen, in einem Wagen voller Chinesen ueber die Schienen zu rattern. Gluecklicherweise setzten sich dann aber noch 2 junge Russinnen in mein Abteil - Chinesisch kann ich noch nicht. Wir kamen schnell ins Gespraech und lachten gemeinsam ueber den chinesischen Casanova auf der anderen Seite des Ganges, welcher die Herzen der zwei Maedchen mit einem allzu aufgesetzten verfuehrerischen Blick zum schmelzen lassen bringen wollte. Kommunikationsversuche mit ihm scheiterten voellig - nicht einmal zeichnen half weiter. Er flirtete eifrig weiter und sang zwischendurch irgendwelche chinesischen Serenaden in ihre Richtung. Meine beiden Reisegefaehrtinnen, welche sich bald als Lena und Lena aus Sajansk vorstellten, waren ebenfalls auf dem Weg nach Ulan-Ude, um dort eine 20-taegige Unisession zu absolvieren. Sie boten mir sogleich Tee und etwas von ihren Fleischkloesschen an, welche ihre Muetter zu Hause fuer sie vorbereitet hatten. Wir sprachen lange ueber die ueblichen Themen, welche Einheimische mit einem Fremden besprechen wollen und goennten uns Bier mit geraeuchertem Fisch aus dem Baikalsee - eine wahre Gaumenfreude! Zwischendurch startete unser charmanter Chinese immer wieder seine Erobreungsversuche, scheiterte aber wiederum klaeglich. So verspuerte ich auch diesmal niemals den Drang, die Zeit mit eingestoepselten Ipodkoepfhoerern oder einem Buch in meinen Haenden totzuschlagen. Wir koennten uns daran auch ein Vorbild nehmen. Klar fahren wir niemals so lange gemeinsam mit anderen Menschen in einem Zug, dafuer ist unser Land zu klein. Aber die Tatsache, dass fast nur psychisch eher spezielle oder betrunkene Menschen in Schweizerischen Zugwaggons mit ihren fremden Abteilsgenossen ein Gespraech beginnen, muss trotzdem nicht unbedingt sein.

Nach diesen acht Stunden wurde ich dann auch noch gebuehrend in meiner "Heimatstadt" empfangen. An der Tramhaltestelle wurde ein durch den ausgiebigen Genuss russischer Waesserchen euphorisierter aelterer Herr auf mich aufmerksam, da er meinen Mantel fuer sibirische Verhaeltnisse als VIEL ZU KALT einstufte. Ich erklaerte ihm mehrmals, dass ich keineswegs frieren wuerde und er sich um meine Gesundheit keine Sorgen machen sollte. Er gab sich damit aber nicht recht zufrieden und beharrte an der Sibirienuntauglichkeit meiner Sachen. Durch mein Gepaeck aufmerksam gemacht, fragte er nach meiner Herkunft. Irgendwie verwirrte ihn die Tatsache, dass ein vom Bahnhof kommender Schweizer, auf die Strassenbahn wartete, um in seine 2 Stationen enfernte Wohngegend zu fahren, was ihn dazu veranlasste, der Tramfuehrerin der eben eingefahrenen Bahn hocherfreut ueber ihren auslaendischen Passagier zu berichten. Danach stieg er gluecklicherweise wieder aus und ich konnte mich auf den Heimweg machen.

Donnerstag, 15. Januar 2009

Schwiizerdütsch.

Ich hatte gerade vor einigen Minuten das Vergnügen, meine schon etwas angestaubten muttersprachlichen Kenntnisse der mündlichen Schweizerdeutschen Sprache spontan wiederzuerwecken. Das wunderbare Intro von "Last Day Of Magic" kündigte mir plötzlich das Bedürfnis von einer anderen Person, mich telefonisch zu erreichen, an und ich nahm wie immer den Anfruf mit einem breiten langezogenen leicht fragenden "Daaa?!" - also "Ja?!" - entgegen. Die mir unbekannte junge Frau am anderen Ende der Leitung fragte dann, ob ich "Lichti" zum Nachnamen heisse - mein Nachname hat wohl international keine Zukunft, bereits unsere nördlichen Nachbarn können ihn nicht richtig aussprechen - und ob ich aus der Schweiz komme. Ich bestätigte beides wiederum mit einem spimplen russischen ja und wurde dann sogleich mit der völlig unerwarteten Frage "Redsch au schwiizerdütsch?" konfrontiert. Darauf war ich nicht vorbereitet. Aber irgendwie klappte der Wechsel zurück zu den Wurzeln der eigenen Umgangssprache doch ziemlich schnell, nur die Mundmotorik ist irgendwie gar nicht mehr an unseren tollen Dialekt gewöhnt. Es stellte sich dann heraus, dass die junge Frau und ihr Ehemann schon seit einem Monat in Ulan-Ude sind, um ebenfalls die russische Sprache zu erlernen, jedoch nicht im gleichen Programmzusammenhang wie ich. Irgendwie hat ihnen nun jemand von der Uni meine Nummer gegeben, worüber ich mich natürlich auch sehr freue. Nach meiner Rückkehr nach Ulan-Ude am Samstag oder Sonntag, habe ich ganz am Schluss meiner Zeit in Sibirien doch noch die Gelegenheit, Schicksalsgefährten zu treffen und mit ihnen über die Besonderheiten eines Lebens fernab von der eigentlichen Heimat zu reden. Und gleichzeitig kann ich wieder ein wenig Schweizerdeutsch üben für meine baldige Rückkehr in die Schweiz, haha.

Mittwoch, 14. Januar 2009

Ein bigamer usbekischer Bauarbeiter und andere amüsante Gestalten.

Ich fuhr heute zum aller ersten Mal in einem russischen Fernverkehrszug. Ganz alleine und ganze 8 Stunden lang. Zu Beginn hatte ich schon ein wenig Respekt vor der ganzen Sache, als ich mich nach viel zu wenig Schlaf mit leicht schmerzendem Kopf auf den Weg zum Ulan-Udeer Bahnhof machte. Aber nach einigen Minuten des Wartens fuhr auch schon mein Zug ein. "Wladiwostock-Moskau" stand nach Ehrfurcht trachtend auf den Zugwaggons. Ich hatte also das vergnügen, mich in einen Zug zu setzen, welcher die längste Eisenbahnstrecke der Welt von A bis Z abfährt. Mein voraussichtlicher Aufenthalt an Bord dieses Zuges war jedoch von erheblich kürzerer Dauer: 8 Stunden waren für die ungefähr 450 km nach Irkutsk vorgesehen. Daher hatte ich auch keine besonderen Vorbereitungen bezüglich Proviat gemacht, lediglich etwas zu trinken und was kleines zum knabbern. Ich machte mich auf eine relativ ruhige, wohl eher ein bisschen langweilige Fahrt gefasst, was sich in den ersten paar Minuten nach der Abfahrt auch zu bestätigen schien. Mein gegenüber - ein burjatischer Jüngling etwas über 20 - fragte zwar, wohin ich fahren werde, wandte sich dann jedoch seinen Handykopfhörern zu.
Nach etwa einer halben Stunde kam jedoch Leben in den Zug. Die Fahrgäste begannen langsam, sich gegenseitig miteinander bekannt zu machen - meist mit der Frage nach dem Reiseziel und -zweck beginnend. Mein Gegenüber wurde daraufhin auch neugieriger und begann mit mir zu sprechen. Er merkte erst dann, als es ihm sagte, dass ich ein Ausländer bin. Darauf folgte ein langes Gespräch mit vielen interessierten Fragen seinerseits über das Leben in der Schweiz und meine Eindrücke des russischen Alltags. Auch die obligate Zurschaustellung meiner Familiefotos und des kleinen Schweizreiseführers durfte natürlich nicht fehlen. Auch das ständig strickende Mädchen mit den schönen Augen im Abteil gegenüber begann sich in die Konversation einzumischen. Kleine Zwischenbemerkung: Ich fuhr in einem sogenannten Platzkartenwagen. Dort sind die Abteile gegen den Gang hin offen, somit entstehen schnell Gespräche zwischen den Reisenden.
Viel interessanter als meine Eindrücke in Russland als Westeuropäer wurde jedoch bald die Räubergeschichte, welche der schon nicht mehr ganz junge Mann erzählte, welcher sich ebenfalls im gegenüberliegenden Abteil niedergesetzt hatte. Er - ein Gastarbeiter aus Usbekistan - erzählte uns, wie er in der vergangen Nacht auf dem Weg von Wladiwostock nach Nowosibirsk nach ausgiebigem Wodkakonsum und daraus folgender Unruhestiftung von der Polizei aus dem Zug geworfen wurde. Er musste darauf an einem Bahnhof irgendeine Aussage machen und so weiter, wäre dann aber wieder auf seinen Zug gelassen worden. Nur doof, dass eben dieser Zug bei Beendigung der polizeilichen Amtsarbeit schon angerollt war und die Türen sich nicht mehr öffnen liessen. Sein Gepäck, der schöne neue japanische Fernseher und die Mobiltelefone, welche er für seine Familie in der Heimat gekauft hatte und ebenso sein Zugticket für die Weiterreise nach Taschkent in Usbekistan rollten ihm ebenfalls davon. Er kaufte sich mit seinem letzten Geld dann ein neues Ticket für den darauf folgenden Zug und endete schliesslich in unserem Waggon. Er versuchte immer wieder, seine Freunde im anderen Zug telefonisch zu erreichen, was dann kurz vor der Ankunft in Irkutsk auch irgendwie klappte. Vorher beglückte er mich und meine Mitreisenden noch mit äusserst amüsanten Gesprächsminuten. Er erzählte uns von seinen zwei Ehefrauen - eine im russischen Wladiwostock und eine zu Hause in Usbekistan. Beide haben Kinder von ihm, und eine Tochter seiner usbekischen Frau bereitet sich gerade auf ihre baldige Hochzeit vor, an der ihr Papa natürlich nicht fehlen darf. Weiter sprach er mit mir beim Blick auf die kleinen sibirischen Dörfer am Schienenrand nachdenklich über das wohl doch sehr langweilige und gefährliche Leben dort. Er bemerkte auch, dass es doch ziemlich viele Tannenbäume in der sibirischen Taiga gebe. Jedenfalls bescherte er mir und den Anderen Passagieren köstliche Minuten zwischen mitfühlsamem Interesse und amüsierter Belustigung.
Und endlich sah ich auch das grosse berühmte sibirische "Meer" - den Baikalsee. Wirklich ein majestätisches Gewässer, welches die liebevolle Bezeichnung als Meer durchaus verdient hat. Ich klebte lange Zeit am Fenster und genoss die landschaftliche Schönheit des winterlich verschneiten, manchmal ziemlich bergigen Ufers und des glasklaren und an vielen stellen schon zu gefrieren beginnenden Sees. Auch meine Kamera wurde oft gezückt, was zu einigen belustigten Reaktionen seitens einer Gruppe junger Ringkämpfer auf der Weg nach Krasnojarsk führte. Sie belächelten ein wenig mein touristisches Verhalten, was mich jedoch nicht weiter störte.
Zu guter letzt ziegte der schicksalsgeplagte Usbeke noch seine usbekischen Banknoten, was mich dazu veranlasste, unseren Abteilsgenossen ebenfalls ein bisschen Schweizergeld zu zeigen. Während sie mein schön farbiges 20er-Nötchen bewunderten, streckte mir eine junge Frau, welche vorher eher schweigend unseren Konversationen gelauscht hatte, mir eine schweizerische Zehnernote entgegen. Ich war zuerst sichtlich erstaunt darüber, danach klärte sie mich jedoch auf, dass ihr ein Bekannter diese als Souvenier von seiner Reise in die Schweiz mitgebracht hatte. Daraufhin enflammte nochmals kurz ein angeregtes Gespräch, worin es vor allem um meine Herkunft und die Gründe für meinen Russlandaufenthalt ging, wobei das schöne strickende Mädchen diesmal auch sehr viel von mir wissen wollte. Danach waren wir auch schon in Irkutsk und ich half der Zehnfranken-Frau beim Tragen ihrer schweren Tasche bis zum Bahnhofsausgang. Sie fragte noch nach meiner Emailadresse, um mir ab und zu auf Englisch Mails schreiben zu können, um ihr früher gelerntes Englisch zu praktizieren. Ich glaube sie heisst Jana.
Schliesslich stand auch schon mein deutscher Bekannter Sascha neben mir und wir fuhren gemeinsam in seine Irkutsker Wohnung, wo ich mich nun befinde. Die Stadt wirkt schon nach kurzer Zeit ganz anders als Ulan-Ude. Irgendwie grosstädtischer und zivilisierter. Werden sicher spannende 3 Tage hier.

Und eines weiss ich jetzt auch: Meine 4-5 tägige Zugfahrt nach Moskau wird sicherlich spannend und amüsant. In diesen 8 Stunden bis Irkutsk habe ich jedenfalls keine Sekunde daran gedacht, die Zeit mit Dostojewskilesen oder Musikhören totzuschlagen. Zugfahren in Russland ist - zumindest für mich - eine herrliche Art und Weise, in den Genuss von positiver Reizüberflutung zu kommen.